Verringern höhere Mindestlöhne die Armut in Entwicklungsländern?

Ob eine Mindestlohnanhebung die Armut verringert oder sogar erhöht, hängt von den Arbeitsmarktbedingungen ab

University of Maryland Baltimore County, USA, and IZA, Germany

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Relevanz des Themas

Die Armutseffekte höherer Mindestlöhne in Entwicklungsländern hängen von den Merkmalen der jeweiligen Arbeitsmärkte ab. Mindestlöhne gelten für Beschäftigte im formellen Sektor, die jedoch in den meisten Entwicklungsländern nur eine Minderheit der Erwerbsbevölkerung stellen. Entscheidend ist daher, ob durch Mindestlöhne Jobs im formellen Sektor verloren gehen, ob Mindestlohnempfänger in armen Haushalten leben, wie konsequent die Mindestlöhne durchgesetzt werden, welche Auswirkungen dies auf informelle Arbeitskräfte hat – und ob soziale Sicherungssysteme existieren.

Über die Hälfte der Arbeitskräfte in Entwicklungsländern
					fallen nicht unter Mindestlohnregelungen

Wichtige Resultate

Pro

Bei nur geringen Jobverlusten im formellen Sektor dürfte eine Anhebung des Mindestlohns die Armut verringern.

Das Armutsrisiko sinkt ebenfalls, wenn sich höhere Mindestlöhne auch auf den informellen Sektor übertragen.

Armut wird auch dann verringert, wenn Mindestlohnempfänger aus einkommensschwachen Haushalten stammen.

Soziale Sicherungssysteme können negative Effekte hoher Mindestlöhne auf die Wiederbeschäftigungschancen arbeitsloser Geringverdiener abfedern.

Contra

Wenn höhere Mindestlöhne zu Jobverlusten im formellen Sektor führen, verfehlen sie ihre Wirkung.

Gleiches gilt, wenn Mindestlohnregelungen nicht auch einen Großteil der informell beschäftigten Arbeitskräfte abdecken.

Wenn Zweitverdiener aus wohlhabenden Haushalten einen höheren Mindestlohn erhalten, wird Armut nicht reduziert.

Wo der Mindestlohn zu Jobverlusten führt und zugleich zur Einstellungshürde wird, dürfte die Armut ohne geeignete soziale Sicherung eher zu- als abnehmen.

Kernbotschaft des Autors

Ein höherer Mindestlohn trägt in den meisten Entwicklungsländern zum Abbau der Armut bei. Die Effekte sind jedoch gering, weil der gesetzliche Mindestlohn nur für eine Minderheit von Geringverdienern gilt und den großen informellen Sektor nicht mit abdeckt. Unter den in Armut lebenden Haushalten bringt der Mindestlohn – je nach Beschäftigungseffekten, Lohnverteilung und Haushaltsstruktur – sowohl Gewinner als auch Verlierer hervor. Daher können Mindestlohnerhöhungen zwar andere Maßnahmen zur Armutsbekämpfung durchaus sinnvoll ergänzen, sollten aber nicht als Allheilmittel betrachtet werden.

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