Ist die postkommunistische Transformation vorbei?

Die gesellschaftliche Unterstützung von ökonomischer Liberalisierung ist entscheidend, sie nimmt aber vor allem dann zu, wenn die Auswirkungen zurückgenommener Reformen spürbar werden

University College London, UK

Aston University, UK

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Relevanz des Themas

Ein umfassendes Programm wirtschaftlicher Liberalisierung führt ungeachtet eintretender Erfolge nicht automatisch zur Unterstützung für weitere Reformen. Gesellschaften reagieren erst dann mit starker Unterstützung, wenn sie die Auswirkungen der Umkehrung solcher Reformen (etwa in Form von Korruption und Chancenungleichheit) erfahren haben. Das wird am Beispiel der postkommunistischen Transformation in Osteuropa und Zentralasien deutlich – wo der Endpunkt der Reformen nie klar definiert war und selbst erfolgreiche Reformen nun mit einem gewissen Reformmisstrauen verbunden sind.

Annäherung an westlichen Standards

Wichtige Resultate

Pro

Alle Transformationsstaaten haben sich zu funktionierenden Märkten entwickelt; in den meisten hat sich zudem das Wachstum verstärkt.

Institutionell sind sie näher an Staaten mit ähnlichem Pro-Kopf-BIP herangerückt, und haben oft, wenn auch nicht durchgängig, an demokratischer Struktur gewonnen.

Die an der Gini-Kennziffer gemessene Ungleichheit ist in den Transformationsländern heute vergleichsweise gering.

Die Unterstützung für den Reformkurs hat nur dort zugenommen, wo die Menschen die Folgen einer Umkehrung von Reformen (Korruption, Chancenungleichheit) zu spüren bekamen.

Contra

Die Transformationspfade in der Region waren insgesamt sehr unterschiedlich, die Resultate sind entsprechend divers.

Reformen gingen häufig mit empfundener Ungerechtigkeit einher; die Wahrnehmung von Korruption hat in einigen Ländern zugenommen.

Korruption trägt zur Chancenungleichheit bei – sie ist in Transformationsländern größer als anderswo.

Selbst wenn die Reformergebnisse positiv waren, ist die Unterstützung für diesen politischen Kurs zurückgegangen.

Kernbotschaft des Autors

Ob die 1989 eingeleitete postkommunistische Transformation in Mittel- und Osteuropa sowie in Zentralasien, als abgeschlossen betrachtet werden kann, darf bezweifelt werden. Wichtig ist, die Auswirkungen und vor allem die Wahrnehmung der durchgeführten Reformen zu verstehen. Interessanterweise scheint der Erfolg der Transformation die gesellschaftliche Unterstützung für künftige Reformen zu schwächen. Umgekehrt stärkt offenbar das Erleben der Folgen von Reformumkehrungen den Rückhalt für künftige Reformschritte. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass diese nicht nur auf das BIP-Wachstum abzielen, sondern gerade auch auf die Beseitigung von Korruption und Vetternwirtschaft, die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die Förderung der sozialen Mobilität gerichtet sein sollten.

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