Migration und weibliche Genitalverstümmelung

Tragen zurückkehrende Migranten zum Wandel sozialer Normen bei?

Institut de Recherche pour le Développement (IRD), and UMR DIAL IRD–Paris Dauphine, France

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Relevanz des Themas

Weltweit sind über 100 Millionen Frauen und Mädchen aus kulturellen, religiösen oder anderen nicht medizinischen Gründen von Genitalbeschneidungen betroffen. Während internationale Organisationen weibliche Genitalverstümmelung (FGM) als Verletzung der Menschenrechte verurteilen und sie in den meisten Staaten verboten ist, bleibt sie in vielen afrikanischen Ländern weit verbreitet. Jenseits der Effektivität internationaler oder nationaler Standards stellt sich auch die Frage nach dem potenziellen Einfluss von Rückkehrmigration auf die Entwicklung kultureller Normen zu Genitalbeschneidungen vorsehen. Verändern Migrationserfahrungen die Einstellung zu diesem Thema, und werden neue Normen in die Herkunftsländer transferiert?

Afrikanische Länder mit der stärksten Verbreitung von FGM

Wichtige Resultate

Pro

Migration kann zu veränderten Einstellungen gegenüber tradierten sozialen Normen und einer Änderung politischer Überzeugungen beitragen.

Zurückkehrende Migrantinnen und Migranten können als eine sehr starke Triebfeder für die Verbreitung neuer sozialer Normen wirken.

Rückkehrmigration kann dazu beitragen, FGM abzuschaffen, indem sie deren Bedeutung als „sozialer Identitätsfaktor“ verringert.

Der Einfluss von Rückkehrmigranten kann effektiver gegen FGM wirken als Top-Down-Interventionen und Informationskampagnen.

Contra

Migrationserfahrungen beinhalten nicht immer das Erlernen und Übernehmen neuer sozialer und politischer Werte.

Der Einfluss von Rückkehrmigranten ist nur dann stark, wenn sie in ihrer Herkunftsgemeinschaft in großer Zahl präsent oder in der sozialen Hierarchie hoch angesiedelt sind.

Es gibt nur wenige empirische Belege für die Wirkungsmechanismen des sozialen Wandels in Entwicklungsländern.

Kernbotschaft des Autors

Genitalbeschneidung wird in vielen Gesellschaften, insbesondere in Afrika, als soziales Identitätsmerkmal wahrgenommen. Zurückkehrende Migranten als Vehikel für neue soziale Normen könnten dem entgegenwirken. Doch der Prozess des Normenwandels ist komplex. Die Migrationserfahrung muss eine echte Chance beinhalten, neue Werte und soziale Normen zu übernehmen. Das könnte durch eine Integrationspolitik erreicht werden, die soziale Interaktion, Alphabetisierung und Sprachkenntnisse fördert. Der Normentransfer wird dennoch nur gelingen, wenn die Überzeugungskraft ausreicht. Dies dürfte sowohl von der Anzahl der „Sender“ neuer Normen in der Herkunftsbevölkerung als auch von deren sozialer und wirtschaftlicher Stellung abhängen. Politisch erscheint es sinnvoll, Rückkehrmigration und die erfolgreiche sozioökonomische Reintegration zu fördern.

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