Ist Lohnungleichheit eine Frage der individuellen Fähigkeiten?

Bei der Bekämpfung von Lohnungleichheit sollte sich die Politik neben institutionellen Reformen auf die Förderung arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen konzentrieren

OECD, France

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Relevanz des Themas

In vielen OECD-Ländern zählt die wachsende Ungleichheit zu den wichtigsten Themen auf der politischen Agenda. Ein Großteil der wissenschaftlichen Literatur (angefangen mit Adam Smiths Reichtum der Nationen) legt nahe, dass sich die Lohnungleichheit durch eine Förderung arbeitsmarktrelevanter Fähigkeiten wirksam bekämpfen lässt. Aktuellere Forschungsarbeiten argumentieren jedoch, dass (kognitive) Fähigkeiten die Länderunterschiede bei der Lohnungleichheit nicht hinreichend erklären können. Dabei wird allerdings nicht berücksichtigt, dass der Marktwert bestimmter Fähigkeiten (und folglich die Ungleichheit) primär durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage bestimmt wird.

Deutliche Länderunterschiede bei der
                        Lohnungleichheit

Wichtige Resultate

Pro

Hochqualifizierte verdienen mehr als Geringqualifizierte.

Unterschiede bei den individuellen Fähigkeiten können einen Großteil der Lohnlücke zwischen sozioökonomischen Gruppen erklären.

Technologischer Fortschritt, Globalisierung, Alterung und organisatorischer Wandel verschärfen die Ungleichheit, weil sich der Marktwert spezifischer Fähigkeiten verändert.

Die Lohnungleichheit ist in den Ländern geringer, in denen die Nachfrage nach relevanten Fähigkeiten effektiver bedient wird.

Contra

Unterschiede in der Verfügbarkeit und Verteilung bestimmter Fähigkeiten erklären nur einen geringen Teil der Länderunterschiede bei der Lohnungleichheit.

Ein deutlich größerer Teil der Länderunterschiede lässt sich damit erklären, dass der Wert bzw. die Vergütung spezifischer Fähigkeiten stark variiert.

Der Wert bestimmter Fähigkeiten wird zumindest teilweise von Arbeitsmarktinstitutionen bestimmt, die auf diese Weise die Lohnverteilung erheblich beeinflussen.

Ein nicht unerheblicher Teil der Länderunterschiede ist auf andere Ursachen zurückzuführen.

Kernbotschaft des Autors

Dass die Lohnungleichheit international stark variiert, lässt sich nur zum Teil durch das jeweils vorhandene Angebot und die Verteilung arbeitsmarktrelevanter Fähigkeiten erklären. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass Fähigkeiten keine Rolle spielen. Vielmehr hängt das Ausmaß der Lohnungleichheit vor allem davon ab, wie bestimmte Fähigkeiten entlohnt werden, welchen Einfluss Arbeitsmarktinstitutionen darauf haben und ob die Nachfrage nach Fähigkeiten durch ein passgenaues Angebot befriedigt wird. Ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Lohnungleichheit sollte daher neben Kompetenzförderung auch institutionelle Reformen und eine Verbesserung des Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage beinhalten.

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