Armut: Persistenz und Dynamik

Momentaufnahmen des von Armut betroffenen Personenkreises vermitteln ein unzureichendes Bild

University of Tübingen, and IZA, Germany

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Relevanz des Themas

Armut ist in vielen Fällen kein Dauerzustand: In den meisten Ländern ist ein erheblicher Teil der in einem bestimmten Zeitraum gemessenen Armut vorübergehender Natur. Im Fokus der Politik müssen deshalb vor allem die tatsächlich von permanenter oder wiederkehrender Armut betroffenen Menschen stehen. Wirksame Strategien zur Reduzierung oder Vermeidung von Armut setzen ein besseres Wissen um die von Dauerarmut bedrohten Risikogruppen und die verschiedenen Wege in und aus der Armut voraus. Auch die Analyse von länderspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden hinsichtlich der Persistenz von Armut trägt dazu bei, mögliche Ursachen anhaltender Armut zu erkennen.

Anteil vorübergehend oder dauerhaft armer
                        Personen, 1999-2001

Wichtige Resultate

Pro

Die über eine bestimmte Periode hinweg gemessene Armut erweist sich großteils als temporär.

Die Politik muss vorrangig auf die Bekämpfung persistenter Armut ausgerichtet sein und benötigt dazu differenzierte Daten zu dauerhafter und zeitweiser Armut.

Erfolgreiche Politikmaßnahmen setzen umfassende Erkenntnisse zu den Charakteristika dauerhaft armer Personengruppen und zu den Umständen der Verarmung bzw. der Überwindung von Armut voraus.

Dauerhaft arme Menschen unterscheiden sich in ihren individuellen Eigenschaften oft von nur vorübergehend Armen.

Für die Politik ist besonders relevant, ob dauerhafte Armut primär aus personenbezogenen Charakteristika oder aus dem Effekt einer „Armutsfalle“ resultiert, die nach entstandener Armut das Risiko verstärkt, dauerhaft arm zu bleiben.

Contra

Die Gewichtung von Kriterien persistenter Armut (Dauer, Intensität, Wiederkehr) ist strittig.

Es ist ökonometrisch nicht leicht, zwischen persistenter Armut aufgrund individueller Charakteristika und einer aus Mechanismen der “Armutsfalle” resultierenden Dauerarmut zu unterscheiden.

Informationen über den Eintritt in Armut und den Ausweg aus ihr sind für die Politik nur begrenzt hilfreich, da sie großteils nicht eindeutig einem Ereignis zuzuordnen sind.

Ländervergleichende Analysen von Dauerarmut zeigen sowohl Übereinstimmungen als auch starke Unterschiede.

Ob Anreizprobleme wie eine (zu) starke Abhängigkeit von Sozialtransfers den Effekt einer “Armutsfalle” und damit Dauerarmut verstärken, ist empirisch nicht eindeutig belegt.

Kernbotschaft des Autors

Nicht jeder Arme ist dauerhaft arm. Forschungsresultate zeigen, dass Arbeitslosigkeit, Ruhestand und Alleinerziehung ein größeres Dauerarmutsrisiko mit sich bringen und eine höhere Quaifikation am besten davor schützt. Empirisch lässt sich auch der Negativeffekt einer „Armutsfalle“ belegen, der einmal verarmte Personen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dauerhaft in Armut hält und deshalb nach gezielten Politikmaßnahmen verlangt. Persistente Armut lässt sich am wirksamsten durch eine Politik zur Förderung von Ausbildung, Arbeitsmarktnähe und Beschäftigung(sstabilität) vermeiden, die durch Familienförderung (etwa durch statatliche Kinderbetreuungszuschüsse) flankiert werden sollte.

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