Stimmt die These von der Migration in die Sozialsysteme?

Leistungen des Sozialstaats sind kein entscheidendes Wanderungsmotiv

University of Southampton, UK

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Relevanz des Themas

Die wissenschaftliche Evidenz lässt kaum Zweifel zu: Wanderungsentscheidungen werden nicht auf der Grundlage von Informationen über die Großzügigkeit der Sozialsysteme in verschiedenen Zielländern getroffen. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass Zuwanderer in der Sozialtransferstatistik nur dann besonders häufig auftauchen, wenn sie andere soziale und demografische Charakteristika als der Durchschnitt der Bevölkerung aufweisen. In einigen OECD-Staaten weisen Zuwanderer eine geringere Abhängigkeit von Sozialtransfers auf als Einheimische, obwohl sie statistisch mit einem höheren Armutsrisiko konfrontiert sind.

Sozialausgaben und Zuwanderung in OECD-Staaten

Wichtige Resultate

Pro

Es gibt keine seriösen Belege für die These eines Magneteffekts von Sozialsystemen auf potenzielle Zuwanderer.

Das Motiv zur Einwanderung besteht neben geografischen Aspekten primär im zwischenstaatlichen Einkommens- und Beschäftigungsgefälle und in der Existenz von Netzwerkbeziehungen zum Zielland.

Nehmen Migranten Transferleistungen stärker in Anspruch als Einheimische, ist das in aller Regel auf andere Charakteristika als den Zuwandererstatus zurückzuführen.

Die Sozialpolitik kann die zeitliche Dauer der Transferansprüche von Zuwanderern steuern.

Contra

Zugangsbarrieren, nicht ausreichende Sprachkenntnisse und aus dem Herkunftsland tradierte kulturelle und soziale Normen, sorgen häufig dafür, dass Transferansprüche von Migranten nicht eingelöst werden.

Das verbreitet höhere Armutsrisiko von Migranten wird durch Transferansprüche häufig nicht angemessen aufgefangen.

Eine etwaige Transferabhängigkeit von Migranten verringert sich mit der Dauer des Aufenthalts, wenn auch nur langsam.

Kernbotschaft des Autors

Die These von der Wohlfahrtsmigration ist empirisch nicht haltbar. Die Generosität eines Sozialstaats ist nicht maßgeblich für Wanderungsentscheidungen. Dagegen spricht auch der Umstand, dass Migranten ihre Transferansprüche aus Unkenntnis oft gar nicht oder erst verspätet einlösen. Politikmaßnahmen mit dem pauschalen Ziel, den Zugang von Migranten zu Sozialleistungen zu erschweren, laufen Gefahr, ihre sozio-ökonomische Integration zu erschweren. Dies könnte zu erhöhten Armutsrisiken und in der Folge zu neuen Transferansprüchen führen. Statt dessen sollte die Politik zielgerichtete Programme zur raschen Arbeitsmarktintegration von Neuzuwanderern entwickeln.

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