Geschlechterunterschiede in der Risikobereitschaft

Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei den Risikoeinstellungen werden häufig überschätzt

University of Milan, Italy, and IZA, Germany

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Relevanz des Themas

Zahlreiche experimentelle Studien und Befragungen legen nahe, dass sich Frauen generell risikoscheuer verhalten als Männer, wenn sie mit riskanten Entscheidungen konfrontiert sind. Diverse Phänomene auf den Arbeits- und Finanzmärkten werden daher oft mit geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Risiko- wie auch der Wettbewerbsbereitschaft erklärt. Neuere Befunde deuten jedoch darauf hin, dass die Geschlechterunterschiede beim Risikoverhalten deutlich geringer sind als bislang angenommen, zumal die Ergebnisse von Verhaltensexperimenten je nach Methode stark variieren.

Die Größe des Geschlechterunterschieds in
                        der Risikobereitschaft variiert mit dem Versuchsaufbau

Wichtige Resultate

Pro

Geringere Risikobereitschaft könnte erklären, warum Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind.

Risikoverhalten ist nicht unabänderlich, sondern zum Teil anerzogen.

Die Unterschiede in der Risikobereitschaft sind zu gering, um karrierebedingte Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen zu erklären.

Die Wahrscheinlichkeit, in Risiko-Experimenten Geschlechterunterschiede zu finden, hängt maßgeblich vom Versuchsaufbau ab.

Unterschiede scheinen sich vor allem dann zu zeigen, wenn eine risikofreie Option angeboten wird.

Contra

Risikopräferenzen sind außerhalb von Glücksspielen und Finanztransaktionen schwer zu messen.

Die Bestimmungsfaktoren geschlechtsspezifischer Unterschiede in der Risikobereitschaft sind noch weitgehend unbekannt.

Risikoeinstellungen sind größtenteils angeboren, auch wenn das soziale Umfeld eine gewisse Rolle spielt.

Eine Überbewertung des Risikoverhaltens untergräbt aktive Maßnahmen für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt.

Der Glaube an Geschlechterunterschiede in der Risikobereitschaft ist stärker als der empirische Nachweis.

Kernbotschaft des Autors

Ein Großteil der ökonomischen Fachliteratur hält Geschlechterunterschiede in der Risikobereitschaft für fundiert belegt. Obwohl die meisten Studien zu Risikopräferenzen in einem Glücksspiel- oder anderem finanziellen Kontext durchgeführt wurden, ziehen viele Arbeitsökonomen die weibliche Risikoscheu zur Erklärung des geringen Frauenanteils in Führungspositionen heran. Doch dieser Ansatz greift zu kurz und wird von neueren Erkenntnissen in Frage gestellt. Es besteht also ausreichend Spielraum und Bedarf für Politikmaßnahmen gegen Diskriminierung sowie zur Förderung der weiblichen Erwerbsbeteiligung.

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